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Deutschland und der Ratenkauf: Missverständnis oder Erfolgsstory? Zweifelsohne ein ambivalentes Verhältnis. Denn immer noch existieren gerade in den Köpfen von Händlern einige Vorbehalte und Vorurteile gegenüber Ratenfinanzierungen. Doch sowohl in Puncto Umsatz als auch in Bezug auf die Gewinnung von Stammkunden stecken im Ratenkauf große Chancen. Deshalb ist der klassische Ratenkauf wieder voll im Trend.
Der Ratenkauf zählt in Deutschland nach wie vor zu den populären Zahlungsarten. Dennoch hält sich hartnäckig das Vorurteil, das Modell sei ausschließlich für Kunden mit eher kleinem Budget eine spannende Alternative. Doch die Realität ist eine andere: Eine Ratenfinanzierung ist nämlich eher für die deutsche Mittelschicht mit einem monatlichen Nettoeinkommen zwischen 3.000 und 4.000 Euro ein Thema. Das belegen mehrere Studien. So können sich zum Beispiel laut den Einkaufswelten 2017 gut zwei Drittel der Deutschen prinzipiell eine Ratenfinanzierung vorstellen. Und sogar jeder Neunte verlangt explizit nach der Möglichkeit, Einkäufe zu finanzieren. Aus Kundensicht entspricht der Ratenkauf ganz einfach den modernen Konsumgewohnheiten unserer Zeit; jetzt kaufen, sofort nutzen und in überschaubaren Raten finanzieren. Andere Bezahlmethoden wie Barzahlung oder das SEPA-Lastschriftverfahren bieten diesen Service nicht. Zwar wird auch bei Kreditkartenzahlungen nicht sofort abgerechnet, aber letztlich bleibt es ein Kredit auf Zeit mit normalerweise eher kleinem Zeitfenster in Sachen Zahlungsziel – inklusive Überraschungseffekt zum Zeitpunkt der Abrechnung. Der Ratenkauf ist also ein Payment-Evergreen und sollte stets Teil eines ausgewogenen Payment-Mix – online wie offline – sein.
Ratenkauf versus Ratenkredit
Oft werden die Begriffe Ratenkauf und Ratenkredit synonym verstanden und entsprechend verwendet. Doch es gibt signifikante Unterschiede. Den Begriffen gemeinsam ist, dass sie sich auf die Mittelherkunft, also das Kapital, beziehen und es sich bei beiden Formen um eine Fremdfinanzierung handelt.
Ratenkredit
Bei einem Ratenkredit finanziert der Kunde seinen Einkauf durch Abschließen eines Verbraucherdarlehens. Aufgrund der Vorschriften des Geldwäschegesetzes (GWG) muss er sich gegenüber dem Kreditinstitut legitimieren; zum Beispiel in einer Bankfiliale oder per Postident. Zwar entscheiden auch Internetbanken, also Banken ohne Filialgeschäft, via Vorabprüfung der Bonität in wenigen Sekunden über eine Kreditvergabe, aber die endgültige Entscheidung kommt dennoch erst nach Einsendung aller Unterlagen (Gehaltsnachweise etc.). Zwischen Antrag und Zusage liegen somit in der Regel gut zwei Wochen – die zwingend notwendige persönliche Legitimation exklusive.
Ratenkauf
Der Ratenkauf ist im juristischen Sinne eine Vereinbarung zwischen Kunde und Händler zur Tilgung einer Schuld per Teil- bzw. ratenweiser Zahlung. Anders als beim Ratenkredit handelt es sich beim Ratenkauf um ein Factoringgeschäft. Der Payment- bzw. Factoring-Dienstleister kauft Forderungen direkt bei der Entstehung am Checkout im Onlineshop bzw. beim Bezahlen am Point of Sale (POS) an. Eine Legitimation des Kunden ist in Bezug auf das Geldwäschegesetz bei unbaren Geschäften für (Online-)Händler gesetzlich nicht vorgeschrieben. Der gesamte Checkout-Prozess kann so medienbruchfrei und vor allem schnell sowie effizient geplant werden. Natürlich wird auch hier mittels Risikomanagement eine Bonitätsprüfung durchgeführt. Diese kommt jedoch online und in Echtzeit.
Customer Loyalty durch Ratenkauf
Im Ratenkauf stecken weiterhin enorme, aber von vielen Händlern noch nicht genutzte Chancen. Denn als zusätzliche Zahlungsoption verbessert der Ratenkauf messbar die Anzahl der Neukunden und optimiert nachweislich die Conversion Rate. Und tatsächlich sind Ratenkäufer aufgrund der durchschnittlich höheren Warenkörbe auch die besseren Umsatztreiber. Dies trifft im Besonderen auf Spontan- und Impulskäufe zu. Ein Produkt, das eben noch den Budgetrahmen sprengte, wird plötzlich finanzierbar. Allerdings muss eine Finanzierung in ihrer gesamten Chronologie attraktiv (Konditionen) und komfortabel (Usability) sein bzw. bleiben. Die Zahlungsart Ratenkauf darf nicht komplizierter und aufwendiger sein als der eigentliche Einkauf. Kunden sollten ihren Ratenkauf unkompliziert und flexibel nach ihren eigenen Vorstellungen und Wünschen – natürlich innerhalb eines vorgegebenen Rahmens – planen und gestalten können: Individuell und variabel in der Summe, der Ratenhöhe sowie der Laufzeit. Letztlich muss auch die Entscheidung über Bonität und Finanzierung ohne zusätzlichen Zeitaufwand erfolgen – also online und in Echtzeit. Denn lange Wartezeiten oder aufwendige Legitimationsverfahren beeinflussen wie fehlende Zahlungsverfahren die Conversion Rate. Das negative Ergebnis sind provozierte Kaufabbrüche.
Denis Korn ist Gründer und CEO des Musikhaus’ Korn. Er bietet den Ratenkauf sowohl vor Ort im stationären Handels als auch online im Webshop an. »Die zusätzliche Zahlungsart Ratenkauf ist ein Entscheidungs-Beschleuniger. Stellen wir im Zuge einer Beratung die Ratenkaufoption vor, steigt unsere Kaufabschlussquote im Ladengeschäft.« Er schätzt vor allem die Flexibilität und Möglichkeiten einer Finanzierung per Ratenkauf: »Ich sehe den größten Vorteil darin, dass wir dank Ratenkauf im E-Commerce vollkommen auf ein Post-Ident-Verfahren verzichten können. Ich bin überzeugt davon, dass viele Kunden den Kauf abbrechen, wenn Ihnen bewusst wird, dass der Abschluss mit einem zusätzlichen Aufwand verbunden ist. Mit dem Online-Ratenkauf schließen unsere Kunden den Einkauf einfach und schnell ab. Dies ist mit Sicherheit ein Grund dafür, warum wir so viele wiederkehrende Kunden verzeichnen.«
Ratenkauf als Umsatztreiber
Eine neue ibi research-Analyse dokumentiert im Auftrag der TeamBank AG die aktuellen Effekte und die Akzeptanz einer möglichen Finanzierung im Handel aus Unternehmersicht. Die Studie Ratenkauf im deutschen Einzelhandel – Status quo und Ausblick aus Händlersicht präsentiert dabei ein überraschend deutliches Ergebnis und steht durchaus als Plädoyer pro Ratenkauf für sich.
Aus Händlersicht scheint die Ratenkaufoption infolgedessen tendenziell mehr Pflicht als Kür zu sein. Rund 74 Prozent der befragten Händler sehen allein das Angebot als Umsatztreiber und versprechen sich deutlich lukrativere Warenkörbe. Und tatsächlich können 70 Prozent der Händler, nachdem sie die Ratenkaufoption in ihr Payment-Setup integriert haben, eine Steigerung des Umsatzes beobachten. Zudem prosperiert durch die Option Ratenkauf die Kundenzufriedenheit, was sich natürlich auf die Customer Loyalty, auf den Wert der Warenkörbe und schließlich auch auf den Gewinn auswirkt.
Worauf Händler achten sollten
Aus Unternehmersicht dürfte vor allem das Renommee und Ansehen des kooperierenden Ratenkauf-Dienstleisters entscheidend sein. »Händler wollen ihre Kunden beim Finanzierungspartner in den besten Händen wissen. Ein bekannter und vertrauensvoller Ratenkaufanbieter wird dem Kunden ein positives Einkaufserlebnis ermöglichen, wovon letztlich der Händler profitiert«, erklärt Alexander Boldyreff, Vorstandsvorsitzender der TeamBank AG.
Strebsame Unternehmen sollten sich auch unbedingt einen gut aufgestellten Kundenservice leisten. Egal ob nun Inhouse oder »outgesourct«. Die Qualität der Kommunikation zwischen Kundenservice und Kunde ist nämlich gerade bei Ratenkäufen aufgrund der Finanzierungsdauer von enormer Bedeutung. Denn die gemachten Erfahrungen – negative wie positive – assoziieren Kunden immer mit den beteiligten Händlern. Daher sollte der Dialog im gesamten Ratenkauf-Prozess entsprechend souverän und besonnen geführt werden. Schließlich ist auch der Kundenservice Teil der Customer Journey.
Neben der reinen Anbindung und Abwicklung des Zahlungsverfahren ist auch das damit verbundene Risiko- und Forderungsmanagement von essentieller Bedeutung. Was also muss ein Ratenkauf bzw. Dienstleister können? Der gewissenhaften Beurteilung aller Vor- und Nachteile sollte hierbei besonderes Interesse zukommen. Das bedeutet für Händler dann eben auch, abgesehen von den eigenen Ansprüchen genauso die seiner Zielgruppe und potenzieller (Neu-)Kunden zu kennen.
Check-Liste Ratenkauf: Das sind die wichtigsten Fragen
- Wie kann sich der Kunde legitimieren?
- Wie wird bezahlt? Per Bankeinzug oder Überweisung?
- Handelt es sich um ein Multichannel-Produkt (Online und am PoS)? Denn erstmals liegt mit 12,8 Prozent (Quelle: Online Monitor 2018 des HDE) das Onlinewachstum der Onlinehändler mit stationärer Basis über dem der Internet-Pure-Player; also den Onlinehändlern mit reiner Online-DNS.
- Wird der Ratenkauf als Null-Prozent-Finanzierung angeboten? Wenn ja, wie wird diese gegenfinanziert?
- Was sind die Rahmenbedingungen in Bezug auf Laufzeit (stufenlos?), maximale Kaufsumme und Höhe der Zinsen (festgeschrieben oder bonitätsabhängig?) definiert?
- Wer übernimmt das Risiko- und Forderungsmanagement?
- Wie und in welchen Schritten werden Mahnverfahren eingeleitet? Wird das Inkassomanagement an externe Dienstleister »outgesourct«?
- Wie lässt sich der Ratenkauf integrieren? Mit einem Plugin zum Shopsystem? Wird am PoS neue, eventuell teure, jedoch kompatible Hardware benötigt?
- Ist Transparenz garantiert und die Gebührenpolitik nachvollziehbar?
- Service-Level Kundendienst: Extern oder Inhouse?
Fazit
Ganz gleich, ob nun Onlineshop oder Ladengeschäft: im Ratenkauf steckt derzeit noch viel ungenutztes Potenzial – für Händler eine echte Chance. Aus Verbrauchersicht können sich immerhin rund 60 Prozent der Deutschen prinzipiell einen Einkauf per Finanzierung vorstellen. Online verlangt sogar jeder Neunte ausdrücklich nach einer Ratenkaufoption. Doch Ratenkauf ist nicht gleich Ratenkauf. So sind für Kunden neben den eigentlichen Rahmenbedingungen des Produkts vor allem Kompetenz und Vertrauen in das involvierte Kreditinstitut entscheidende Kriterien.
Händler sollten daher bei der Wahl des Kooperationspartners besonders auf dessen Reputation und Kompetenz achten. Zur besseren Orientierung: Seriöse Banken und Kreditinstitute stehen allesamt unter der Aufsicht der zentralen Regulierungsbehörde BaFin (Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht). Neben der reinen Abwicklung und Anbindung des Zahlungsverkehrs übernehmen qualifizierte Payment-Provider dann auch gleich das Risiko- und Forderungsmanagement – und das ohne weitere »Externe«.